Auf dem Landweg nach China: 2011-09-05
Montag, 5. September 2011
300.000 Tugrik, 60 Liter Benzin und ein halber Liter Stutenmilch
Seid gegruesst, oder auch Sain Bain uu!
Nun haben wir seit einer ganzen Weile wieder Internet, also soll es
weitergehen. Ich schreibe hier aus Tsitserileg, ca. 500km westlich von Ulan Bator. Vor 50km sahen wir die erste (!) asphaltierte Strasse der Mongolei. Man merkt, dass sich die Hauptstadt langsam naehert.

Hier ein paar Eindruecke der letzten Tage.

"Octan 92 is very rare these Days, there hasn't been any last month!"
Bargeld und Benzin auftanken in Khovt war der Plan, und dann weiter zum See Hyargas Nuur. Auf unwegsamen Pisten
wollten wir die Ralley abhaengen und die noerdliche Route nach Ulan Bator nehmen. So einfach war es dann doch nicht. Nachdem wir als erstes Schwierigkeiten hatten ueberhaut an Bargeld zu kommen (schlechte Stromversorgung, Automaten nicht gemacht fuer Visa Karten) kostete uns das einen Tag. Als es dann endlich am Schalter funktionieren sollte haben wir mit 300.000 Tugrik voll zugeschlagen. Das Benzin war dann aber noch das groessere Problem. In der Stadt gab es nur 80er Oktan, leider nicht gemacht fuer den Niva. Mit etwas Ueberredungskunst gelang es uns dann in einer Werkstatt Benzin von liegengebliebenen Mongol-Ralley Leichen abzupmpen. Leider nur 10 Liter. Wir brauchten mindestens 60, auf dem Land gibt es noch seltener besseres Benzin. Nach grosser Ernuechterung kamen wir dann doch Schritt fuer Schritt weiter. Hier konnten wir noch einen Kanister mit frischem 92er Oktan kaufen, Jemand anders schenke uns eine Flasche Octanbooster. Spaeter am Tage kam dann ein heisser Tip von einem Tschechen. Eine Tankstelle wurde gerade wieder beliefert und so gab es dann letzendlich doch einen vollen Tank und drei Kanister. Nebenbei haben wir die halbe Stadt kennengelernt. Das ist mongolische Infrastruktur :)


"Tsats uul hanwai?"
Eine harmlose Frage nach dem Weg, irgendwo auf der Strecke zu einem Nationalpark suedlich von Khovt. Ein Nomade, unterwegs auf dem Motorrad zusammen mit seiner kleinen Tochter hielt an. Nachdem das geklaert war sah er meine Kamera und fragte, ob ich ein Foto machen wollte. Als dritter Mann bin ich dann auf dem Motorrad zu seiner Jurte gefahren, wenig spaeter sassen Jonas und ich bei reich gedecktem Tisch mit Brot, Stutenmilch, Tee und einige Sorten Kaese im Zelt. Nach und nach gesellte sich seine ganze Familie dazu. Die Kommunikation war etwas holprig, aber wir waren mittendrin im Leben der Nomaden.
Auch dabei sollte es nicht bleiben, das Programm ging weiter mit Falken, mongolischen Trachten, auch ein kleiner schwarz-weiss Fernseher, betrieben mit einer durch Sonnenenergie geladenen Autobatterie wurde stolz praesentiert. Irgendwie kamen wir dann nicht mehr raus aus der Sache und blieben dann auch gleich ueber Nacht. Das war eine sehr besondere und sehr sehr interessante Erfahrung, zusammen mit einer ganzen mongolischen Familie in einer Jurte zu schlafen. Jonas machte seine Erfahrung waehrend dessen in der Jurte des Bruders.
Am naechsten Morgen ging es weiter mit den eigentuemlichen Speisen. Alles war etwas trocken und zubereitet fuer die Ewigkeit, die Suppe war allerfings hervorragend.
Nachdem wir auch noch alle Tiere gewuerdigt hatten zogen wir mit reichen Erfahrungen und einem schmunzeln auf den Lippen wieder von dannen...


Reisen in der Mongolei ist etwas ganz besonderes und nochmal entscheidend anders als in Kasachstan. Mit dem Grenzuebertritt verschwanden auch die Strassen, man kaempft sich oft Kilometer fuer Kilometer durch ein Netzwerk aus Pisten, die nie wirklich angelegt wurden sondern einfach das Resultat sind von direkten Verbindungen von Ort zu Ort, ueber die Jahre ausgefahren von den wenigen Autos die sie nutzen. Selten faehrt man schneller als 60km/h.
Die Landschaft ist schlichtweg grandios. Es wechselt ab zwischen Gesteinswuesten, Sandwuesten, endlosen Bergketten, fruchtbaren Taelern und Steppen mit Fluessen und Gewaechsen. Zwischendrin hier und da Jurten und Nomaden, Herden von Pferden, Jaks, Ziegen, Kamelen und Schafen. Wuerde man nicht alle paar Stunden mal ein Auto sehen koennte man sich auch in laegst vergangenen Zeiten befinden. Alle paar hundert Kilometer gibt es ein Dorf. Dort gibt es dann eine Tankstelle, ein paar Haeuser und Proviant. Da in der Mongolei allerdings kaum etwas produziert wird stehen in den Regalen deutsche Importprodukte wie Knorr, Maggi, Gut & Guenstig, daneben chinesische Staubsauger und Latschen. Um einen Liter Milch zu bekommen bedarf es manchmal viel Glueck und Geduld. Das Angebot ist oft auf das mindeste Beschraenkt.
Ueber Land findet man hier und da Cafes. Sozusagen mongolische Truckstops, bestehend oft einzig aus einer Jurte, in der man ein warmes Essen bekommt. Speisekarten gibt es nicht, erst wenn man nach Essen fragt wird angefangen zu kochen, es gibt nur ein Gericht. Man isst eigentlich hauptsaechlich Fleisch, unser Favorit bisher sind die Buuz. Das sind Teigtaschen gefuellt mit Fleisch, dazu gibt es manchmal eine scharfe Chili Sosse oder Ketchup. Vor den Cafes stehen manchmal LKWs oder kleine Busse, oft liegen ein paar Maenner darunter und sind am schrauben oder am Reifen wechseln. All das Gehoert zum Alltag, man hat Zeit in der Mongolei. Unterwegs gehoert es sich anzuhalten wenn man ein liegengebliebenes Auto sieht, man koennte der letzte sein an diesem Tag. So freute sich ein mongolischer Fernfahrer ueber unser Fahrradflickzeug, ein Minibusfahrer ueber unseren Kompressor. Und fast das beste sind diese vielen ueberaus sympatischen, gesunden runden Gesicher mit roten Backen die einem zuwinken...

Was wir sonst so gemacht haben:
Einen VW Bus aus dem Sand ziehen, unseren Benzinkocher mit einem Kondom reparieren, Kohl frittieren, ein Blues Konzert geben, Wurstbrote schmieren, zwei Radlager an die Verschleissgrenze bringen und nachts beinahe in einem Fluss steckenbleiben

Schoene Gruesse! Wir freuen uns ueber Kommentare!
Moritz

Fotos gibts hier: http://www.flickr.com/photos/65374360@N07/sets/72157627472560351/

Videos hoffentlich bald hier: http://www.youtube.com/user/herrlumpi#p/u

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